Freiberger Biosprit-Pionier ist pleite

Ein Vorzeige-Unternehmen der Region musste die Insolvenz anmelden. Jetzt bangen die 290 Mitarbeiter der Choren- Gruppe um ihre Jobs.

VON JAN-DIRK FRANKE

FREIBERG - Elf Jahre nach der Gründung ist das Freiberger Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Den Gang zum Amtsgericht mussten neben der Firma Choren Industries auch die beiden Töchter Choren Fuel Freiberg und Choren Components antreten. Wie die Insolvenzverwalter gestern mitteilten, soll der Geschäftsbetrieb jedoch vorerst uneingeschränkt aufrechterhalten werden. Die Löhne und Gehälter der insgesamt 290 Mitarbeiter am Standort seien über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert.

Bruno Kübler, Insolvenzverwalter der Muttergesellschaft Choren Industries, zeigte sich optimistisch, dass der Biokraftstoff-Spezialist wieder auf die Beine kommt: "Die Choren-Gruppe gehört zu den Innovationsführern in einer Wachstumsbranche und verfügt über eine wettbewerbsfähige Technologie mit echten Alleinstellungsmerkmalen", betonte Kübler. Das Insolvenzverfahren biete daher gute Chancen für eine Rettung der Gruppe. Man werde in Kürze Gespräche mit Inves- toren beginnen, fügte der Anwalt hinzu.

Choren gilt als Pionier bei der Entwicklung von Biokraftstoff-Technologien. Nachdem die Freiberger mit einer Versuchsanlage die Produktion von synthetischem Kraftstoff aus Biomasse wie Holzabfällen erfolgreich erprobt hatten, wurde in der Bergstadt eine größere Demonstrationsanlage für die Serienproduktion errichtet. In dieser sogenannten Beta-Anlage sollten nach einer Anlaufphase stündlich aus neun Tonnen trockener Biomasse rund 2500 Liter Bio-Diesel entstehen. Zugleich sollten nach dem Vorbild bundesweit weitere Anlagen gebaut werden.

Im Dezember 2009 wurde die Anlage in Freiberg erstmalig gestartet, sie befindet sich jedoch nach wie vor in der Anlaufphase. Choren-Sprecherin Ines Bilas wollte sich gestern nicht dazu äußern. Küblers Kanzlei zufolge ist diese Anlage der Grund für die

Zahlungsprobleme. Weitere Details konnte seine Kanzlei jedoch nicht nennen. Dafür werde noch einige Zeit benötigt, hieß es. Derzeit verschafften sich die Insolvenzverwalter - für die beiden Töchter sind Küblers Kanzleipartner Bettina Breitenbücher und Tim Brune verantwortlich - einen ersten Überblick in den Unternehmen. Zudem werde der Kontakt zu den wichtigsten Kunden und Lieferanten aufgenommen. Die Mitarbeiter seien bereits informiert, ein Betriebsrat existiert hier allerdings nicht.

Gesellschafter von Choren sind die Investmentgesellschaften Gasification Holding und Acorma Corporation sowie einige Privatinvestoren. Anteile halten außerdem die Autoproduzenten Daimler und Volkswagen. Der Ölmulti Shell hatte seine Beteiligung 2009 wieder verkauft. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Annaberger Zeitung, 09.07.2011