SERIE: MADE IN ERZ - Konjunktur treibt Motorenwerker an

Die Erzgebirger sorgen für Bewegung in der Welt. Motoren aller Art aus Grünhain gelten als zuverlässige Antriebe.

VON BEATE KINDT-MATUSCHEK

GRÜNHAIN - Es läuft wieder rund im Elektromotorenwerk Grünhain, wenngleich auch hier die Produktion im Krisenjahr 2009 massiv ins Stocken geraten war. "Wir hatten einen Umsatzeinbruch von 25 Prozent zu beklagen", sagt Geschäftsführer Peter Volkmar Rauchfuß. Doch zum "runden 60. Geburtstag" der Firma in dieser Woche konnte er verkünden: "Heute sind wir wieder sehr erfolgreich am Markt vertreten und konnten 2010 den höchsten Umsatz seit der Privatisierung im Jahr 1993 verzeichnen." Der Jahresumsatz von 2010 liegt bei 16,3 Millionen Euro. In diesem Jahr steuert man 17 Millionen Euro an.

Die Krise habe man ohne Personalabbau, lediglich unter Nutzung von Kurzarbeit, überstanden, erklärt der 49-Jährige, der seit nunmehr vier Jahren die Geschicke der Elektromotorenwerk Grünhain GmbH & Co KG (kurz EMG) lenkt und leitet. Heute sind im Werk wieder etwa 220 Mitarbeiter beschäftigt. Und auch diese Zahl sei mit einem kleinen Plus behaftet.

Alles aus einer Hand

"Markant für unserer Unternehmen ist die Fertigungstiefe, die hier am Standort erhalten blieb", so der Geschäftsführer. Denn in Grünhain werden Motoren aller Art gefertigt und zwar komplett: Vom Stanzteil über den Aluguss und die Läuferfertigung bis hin zur Wicklung. Neben Normmotoren haben sich die Erzgebirger daher auch auf individuelle Antriebslösungen spezialisiert. "Wir fertigen sozusagen auch auf Kundenwunsch und das mitunter in ganz geringen Stückzahlen. Dieses Flexibilität ist unserer ganz großer Marktvorteil", betont Rauchfuß.

Damit ist der Kundenstamm genau so breit gefächert, wie die Produktpalette der Firma. So sorgen Motoren aus der EMG Grünhain beispielsweise für den richtigen Dreh bei den Hörmann-Torantrieben, die Garagenbesitzer kennen dürften. Die Motoren machen den Wind in den Luftstationen von Dürrdental, mit denen Zahnärzte ihren Patienten auf den Nerv gehen. Der Kranhersteller Abus schwört auf die Antriebe aus Grünhain, und auch Transportbänder an den Kassen von Supermärkten oder Kofferbänder in Flughäfen werden von Grünhainer Kraftpaketen gezogen.

Drei Firmen als Säulen

Auf dem Gelände der ehemaligen VEM Grünhain findet man heute ein modernes Unternehmen, das auf drei Säulen fußt, die sich optimal im Sortiment ergänzen. Vom einfachen Einphasenwechselstrommotor über Energiesparmotoren bis hin zu Tauch- und Topfmotoren dreht sich in Grünhain alles ums Drehmoment. Hinzu kommt als zweite Standbein der große Bereich der Kabelkonfektion. Bei dieser werden Netzkabel und Schwimmerschalter mit Kunststoff so ummantelt, dass sie für Pumpsysteme verwendet werden können. Und noch ein Fertigungsbereich brummt derzeit: Der Aluminiumdruckguss. "Dort werden neben Motorengehäusen beispielsweise auch Ersatzteile für Fahrzeuge wie BMW, Audi oder Mercedes gefertigt", erläutert der Unternehmenschef.

"Mit permanenten Investitionen, die mittlerweile zweistellige Millionen-Beträge verschlungen haben, und in Ausrüstungen, bauliche Anlagen sowie Gebäude geflossen sind, hat Jürgen Zehnder das Unternehmen in den zurückliegenden Jahren für die heutigen Herausforderungen des Marktes fit gemacht", so Rauchfuß. Zudem habe Zehnder immer die fachlichen Erfahrungen der Motorenwerker und ihre solide Ausbildung zu schätzen und nutzen gewusst, lobt er seinen Vorgänger.

Blick in die Zukunft

"Die technische Entwicklungsrichtung geht eindeutig hin zu energiesparenden Motoren in Kopplung mit intelligenten Steuerungssystemen", umreißt der Ingenieur die Zukunftsperspektiven. Dafür hat er mit seinen Leuten ein solides Netzwerk an Partnern aufgebaut, das vor allem junge, innovative Kräfte einbindet. So setzt man bei EMG auf die Zusammenarbeit mit den Technischen Hochschulen in Zwickau und Chemnitz, der Uni in Freiberg oder Firmen wie Turck in unmittelbarer Nachbarschaft.

Sorge bereitet dem Unternehmenschefs nur die Sorge nach dem geeigneten Berufsnachwuchs. "Die rein technischen Berufe sind leider nicht mehr so populär", begründet er das gesunkene Interesse an Bewerbern für Berufe wie den Elektromotorenbauer. Oder schrecken etwa nur die neuen Berufsbezeichnungen ab? Denn heute heißen sie: Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik.

 

 

Quelle: Freie Presse, Ausgabe Schwarzenberger Zeitung, 04.03.2011