Vom familiären zum offiziellen Werber

Zwölf neue "Botschafter des Erzgebirges" - jetzt sind es insgesamt 54 - hat Landrat Frank Vogel unlängst ernannt. Unter ihnen: Oberstleutnant Ralf Linne, Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 371 in Marienberg.

VON MARTINA BRANDENBURG

MARIENBERG - Ralf Linne fühlt sich in ländlichen Regionen wohl. Während seiner Laufbahn in der Bundeswehr hat er viele Standorte kennengelernt. Nach Schwarzenborn, Wetzlar, Rothenburg an der Fulda, Hammelburg, Köln, Koblenz und St. Augustin ist der 45-Jährige seit April 2010 Kommandeur von reichlich 800 Panzergrenadieren in der Marienberger Erzgebirgskaserne. Und er fühlt sich dort auch außerhalb der Kasernenmauern zuhause. "Ich bin kein Stadtmensch, mag den ländlichen Raum lieber. Das Erzgebirge gleicht ein wenig meinem Heimatort im Landkreis Marburg." Seit kurzem ist der gebürtige Hesse sogar Botschafter der Region, die seinen derzeitigen Lebensmittelpunkt bildet.

Dass er sich im Erzgebirge nach kurzer Zeit heimisch gefühlt hat, liege in erster Linie an den hier lebenden Menschen und den Werten, für die sie stehen: "Ich habe das Erzgebirge nicht nur als Volkskunstregion, sondern auch als wirtschaftlich innovativ mit zahlreichen Hightech-Unternehmen kennengelernt, die vom großen handwerklichen Geschick der Bewohner zeugen."

Obwohl Ralf Linne schon an vielen Bundeswehrstandorten eingesetzt wurde, hat ihm der Aufenthalt im Erzgebirge neue Erfahrungen verschafft: "Die offene Herzlichkeit, mit der einem die Menschen hier entgegentreten, hat mich überrascht. Ich komme hier mit vielen Leuten gut aus. Dass dabei auch private Beziehungen beispielsweise zu den Nachbarn entstanden sind - das kannte ich bisher so nicht." Gefreut hat sich der ambitionierte Jäger, der auch gern läuft und Romane liest, als er von einem Jagdpächter zur Jagd eingeladen wurde. Überhaupt sei die Akzeptanz der Bundeswehr in der Region groß. "Dass unsere nach Afghanistan abkommandierten Soldaten mit dem Maskottchen des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller und einem persönlichen Schreiben des Landrats verabschiedet wurden, ist für mich ein großer Ausdruck von Verbundenheit", zeigt sich der Oberstleutnant beeindruckt. Wenn er zur Jahresmitte in den Einsatz an den Hindukusch geht, wird auch ihn der kleine hölzerne Picus begleiten und an Marienberg erinnern.

Seine erste Berührung mit der Volkskunst aus dem Erzgebirge hatte der Vater zweier Söhne, der bereits in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo im Auslandseinsatz war, bereits unmittelbar nach der friedlichen Revolution: Seine Schwiegereltern brachten ihm von einem Besuch in Seiffen einen Nussknacker mit: "Damals hätte ich nie gedacht, dass ich dort einmal hinkomme." Und nicht nur er: Auch seine Familie, die er in der Regel alle 14 Tage bis drei Wochen sieht, besucht das Erzgebirge gern. Die Augustusburg, das Elbsandsteingebirge und die Landeshauptstadt hat er mit seiner Frau ebenfalls erkundet. "Wir fühlen uns wohl hier", bekräftigt der Maschinenbauingenieur, der sich zudem als Fan der regionalen Küche zu erkennen gibt. Keine Frage: Sein Nussknacker hat inzwischen hölzernen Zuwachs bekommen.

"Die offene Herzlichkeit, mit der einem die Menschen hier entgegentreten, hat mich überrascht."

Ralf Linne, Oberstleutnant

Bei aller Verbundenheit für die Region - die Ernennung zum Botschafter des Erzgebirges hat den Bataillonskommandeur erstaunt: "Ich selbst fühle mich nicht so wichtig, meine Wahl hat mich jedoch gefreut. Ich verstehe sie als Anerkennung, dass meine Arbeit und auch ich selbst respektiert werden."

Reklame für einen Besuch im Erzgebirge habe er vor allem im Familien- und Freundeskreis schon vor seiner Ernennung offensiv und auch erfolgreich gemacht. Nun wird Ralf Linne ganz offiziell für die Region werben: "Als Soldat darf ich das zwar nicht für die Wirtschaft, aber da ich als Kommandeur bundesweit viel unterwegs bin, erzähle ich natürlich gern von meinen Eindrücken - wie ich das auch den Gästen des Bataillons vermittle."

Quelle: Freie Presse, Ausgabe Zschopauer Zeitung, 19.01.2012