Besserer Opferschutz in der EU

Seit dem 16. November gelten neue EU-Regeln, die Opfern von Straftaten in Europa verbindliche Rechte garantieren und die EU-Staaten verpflichten, diese in der Praxis auch umzusetzen.Sie gelten unabhängig von der Staatsangehörigkeit für jeden, der in der EU Opfer einer Straftat geworden ist. "Jedes Jahr wird schätzungsweise jeder Siebte Opfer einer Straftat. Von heute an können sich Opfer auf neue Vorschriften berufen, die ihnen eindeutige Rechte auf Information, Schutz und Zugang zu Hilfsdiensten in allen Mitgliedstaaten zuerkennen. Die Art und Weise, wie Opfer von Straftaten behandelt werden, wird sich durch die neuen Vorschriften ändern. Die Opfer sollten im Mittelpunkt des Strafverfahrens stehen", sagte die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, Věra Jourová. Sie rief alle Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie umzusetzen, bisher haben viele Länder dies nicht oder nicht vollständig getan. Dazu gehört auch Deutschland.

Die neuen Vorschriften sollen sicherstellen, dass alle Opfer von Straftaten und ihre Angehörigen als solche anerkannt und respektvoll, diskriminierungsfrei und ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend behandelt werden. Insbesondere garantiert die Richtlinie folgende Rechte:

Rechte der Angehörigen – Familienangehörige von Personen, die infolge einer Straftat zu Tode kamen, genießen dieselben Rechte wie die Opfer selbst einschließlich des Rechts auf Information, Unterstützung und Entschädigung. Auch Familienangehörige von Überlebenden haben Anspruch auf Unterstützung und Schutz.

Recht zu verstehen und verstanden zu werden - Die Kommunikation mit den Opfern muss in einfacher und verständlicher Sprache geführt werden. Die Form der Kommunikation muss den besonderen Bedürfnissen des Opfers unter Berücksichtigung beispielsweise seines Alters, seiner Sprache und einer etwaigen Behinderung angepasst werden.

Recht auf Information - Die nationalen Behörden müssen den Opfern Informationen über ihre Rechte, ihren Fall und die verfügbaren Dienste und Unterstützungsleistungen zur Verfügung stellen, sobald sich die Opfer das erste Mal an sie wenden.

Recht auf Unterstützung – Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Opfer Zugang zu Unterstützungsdiensten erhalten, und die Behörden müssen die Vermittlung solcher Dienste erleichtern. Die Unterstützung muss kostenlos und unter Wahrung der Vertraulichkeit geleistet werden. Sie muss auch von Opfern in Anspruch genommen werden können, die die Straftat nicht förmlich angezeigt haben. Es müssen sowohl allgemeine Unterstützungsdienste – für alle Opfer – als auch spezialisierte Dienste zur Verfügung stehen. Zu den spezialisierten Unterstützungsleistungen zählen Bereitstellung einer Unterkunft, Hilfe bei der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse und Beratungsdienste, die auf die besonderen Bedürfnisse der Opfer zugeschnitten sind.

Recht auf Teilnahme am Strafverfahren - Opfer erhalten im Strafverfahren eine aktivere Rolle. Sie haben das Recht, im Verfahren gehört und über die einzelnen Abschnitte des Verfahrens informiert zu werden. Sie können insbesondere die Überprüfung einer Entscheidung über den Verzicht auf Strafverfolgung verlangen, wenn sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind. Opfer haben des Weiteren Anspruch auf Entschädigung. Soweit im nationalen Rechtssystem Wiedergutmachungsverfahren genutzt werden, gibt es nun Regeln, die die Sicherheit des an diesen Verfahren teilnehmenden Opfers gewährleisten.

Recht auf Schutz - Opfer müssen sowohl vor dem Täter als auch vor der Strafjustiz selbst geschützt werden. Zur Ermittlung ihrer Schutzbedürfnisse werden alle Opfer einer individuellen Begutachtung unterzogen, um festzustellen, ob sie vor einer etwaigeren weiteren Schädigung infolge des Strafverfahrens geschützt werden müssen. Ist dies der Fall, müssen im Verfahren sowie gegen eine etwaige Bedrohung durch den Täter besondere Schutzvorkehrungen getroffen werden. Dem Schutz von Kindern gilt besondere Aufmerksamkeit.

Die EU-Richtlinie muss nun nach ihrer Umsetzung in innerstaatliches Recht von allen Mitgliedstaaten angewandt werden. Da ein Großteil der in der Richtlinie verankerten Rechte klar und hinreichend bestimmt ist, kann sich der Einzelne vor den nationalen Gerichten aber auch direkt auf diese Rechte berufen, selbst wenn sein Mitgliedstaat die Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat.

Quelle: Pressemitteilung der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland (16.11.15)