Das Gütesiegel verlangt Aufmerksamkeit

In einer Woche entscheidet der Stadtrat, ob sich Zwickau darum bemüht, in die Montanregion Erzgebirge aufgenommen zu werden. Das könnte einen Platz auf der Unesco-Weltkulturerbe-Liste nach sich ziehen, andererseits aber auch Verpflichtungen.

VON SARA THIEL

ZWICKAU - Die CDU-Fraktion, die den Stadtrat darum bittet, sich am Projekt Montanregion Erzgebirge zu beteiligen, ist von ihrem Vorstoß überzeugt. Andere Fraktionen sind sich noch unsicher - zumindest enthielten sich im Wirtschafts- und Umweltausschuss einige Mitglieder ihrer Stimme. Denn eine Frage lässt sich nicht klären: Was hat die Stadt davon, sich an dem erzgebirgsweiten Projekt zu beteiligen?

Frieder Stimpel, Bürgermeister in Schneeberg, hält diese Frage für berechtigt. "Es gab am Bodensee eine Studie, wonach dieser Region ein Platz auf der Welterbeliste gar nichts bringt. Aufwand und Nutzen standen in keinem Verhältnis", sagt der CDU-Politiker. Selbst für Dresden habe die Zeit als Weltkulturerbe nur drei Prozent mehr Touristen gebracht. "Das ist nichts", sagt Stimpel.

Dennoch ist er kein Unesco-Skeptiker. Schneeberg war die erste Kommune, die sich mit einer konkreten Studie am Vorhaben des Fördervereins Montanregion Erzgebirge beteiligte. "Wir haben im Erzgebirge eine völlig andere Situation. Wir sind zu kleinteilig." Deswegen müsse die Region als Ganzes auftreten. Und so ist es auch geplant: Zahlreiche Orte beteiligen sich an der Montanregion - aber nicht als Ganzes, sondern mit ausgewählten Zeugen der Bergbaugeschichte. Schneeberg etwa ist mit der Kirche St. Wolfgang vertreten, der Fundgrube Weißer Hirsch und einem Teil der Bergbaulandschaft. "Wir brauchen einen roten Faden. Das ist die Entwicklung der Bergbaugeschichte über die Jahrhunderte bis hin zur Automobilindustrie." Damit ist für den Schneeberger Bürgermeister Zwickau mit im Boot. "Ich würde es begrüßen, wenn sich Zwickau einbringt."

Stimpel nennt den Welterbetitel ein Gütesiegel und eine Chance. "Damit sind aber auch Pflichten verbunden, Kosten und Belastungen." Um den Titel zu beantragen, muss die Initiative 1,5 Millionen Euro aufbringen. "Da ist schon viel vom Förderverein gemacht worden." Die Mitgliedschaft im Verein kostet auch Geld: Für Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern geht es bei 1000 Euro jährlich los. Außerdem müssen ausgewählte Denkmale geschützt werden. "Aber das sind sie sowieso meist schon."

Klappern gehört indes auch zum Handwerk des Touristikers. "Wer solch ein Gütesiegel besitzt, muss jedes Jahr in die Vermarktung investieren", findet Stimpel. Das sollte die Sache wert sein: "Wer jetzt schon verantwortlich handelt, holt den größten Nutzen heraus." Quelle: Freie Presse, Ausgabe Zwickauer Zeitung, 08.12.2011