Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse erhält den Deutschen Buchpreis 2017 für seinen EU-Roman "Die Hauptstadt"

Der Gewinner des Deutschen Buchpreises 2017 ist Robert Menasse. Der österreichische Schriftsteller erhält die Auszeichnung für seinen Roman "Die Hauptstadt": Eine Hommage an die EU und die belgische Hauptstadt Brüssel, sagte er im Deutschlandfunk Kultur.

Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse wird für sein Buch "Die Hauptstadt" mit dem Preis für den besten deutschsprachigen Roman dieses Jahres ausgezeichnet. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert. Der Autor hatte seit einiger Zeit das Projekt eines Europa-Romans verfolgt und dafür mehrere Jahre  in Brüssel gelebt, um vor Ort zu recherchieren.

Die Europäische Union stelle eine schleichende Revolution dar, sagt Menasse im Deutschlandfunk Kultur. Sie habe über 60 Jahre in kleinen Schritten ein System entwickelt, in dem in einer Stadt wie Brüssel die Rahmenbedingungen für einen ganzen Kontinent produziert würden. "Und das ist ja eigentlich ungeheuerlich, wenn man sich das klar macht und bewusst macht", sagte Menasse. "Ich wollte einfach wissen, wie funktioniert das? Was sind das für Menschen, die da arbeiten und wie ticken die? Wie ist dieses System organisiert?" Vor seiner Abreise nach Brüssel habe er einen Abend mit einem Glas Wein vor dem Kamin gesessen. Auf einmal habe ihn eine tiefe Ergriffenheit erfasst bei der Vorstellung, dass es da etwas gebe, was seine Fantasie kurzfristig übersteige. "Da habe ich beschlossen, ich fliege morgen  nach Brüssel."

Sein Buch "Hauptstadt" sei auch eine Hommage an die Stadt Brüssel. Die belgische Hauptstadt sei eine sehr interessante Metropole, aber auch ein Zentrum Europas. Dort werde im kleinen, wie in einem Labor, durchgespielt, was heute die großen Widersprüche und Konfliktlinien der Europäischen Union seien. So müssten sich die 19 Bürgermeister der Stadt ebenso wie die Staats- und Regierungschefs der EU auf komplizierte Kompromisse einigen. "Oder Brüssel ist die Hauptstadt einer Nation, die keine Nationsidee hat, das ist sinnig für ein Projekt, das den Nationalismus überwinden will.", sagte Menasse. Belgien habe außerdem drei Amtssprachen, was ebenfalls zum "sprachlichen Babylon" der EU passe. "Aus all diesen Gründen ist Brüssel faszinierender, als es selbst weiß."

Das Interview im Wortlaut kann hier nachgelesen werden.

Robert Menasse, geboren 1954 in Wien, studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft in Wien, Salzburg und Messina. Er zählt zu den bekanntesten zeitgenössischen Schriftstellern Österreichs. Der literarische Durchbruch gelang Robert Menasse 1995 mit dem Roman "Schubumkehr".  Der Autor äußerte sich in den letzten Jahren verstärkt in Essays und Vorträgen zu politischen Fragen. Gemeinsam mit der Politologin Ulrike Guérot entwarf er 2013 ein "Manifest für die Begründung einer Europäischen Republik". Menasse wurde bereits mit dem Heinrich-Mann-Preis, dem Max-Frisch-Preis und dem französischen Orden der "Arts et Lettres" ausgezeichnet.

(Quelle: Deutschlandfunk Kultur)