Erfolgsrezept eines Hotels: 48 junge Leute aus 13 Nationen

Das Oberwiesenthaler Ahorn-Hotel hat gegenwärtig vier Dutzend Auszubildende – so viele wie noch nie. Und die Truppe war auch noch nie so bunt wie in diesem Jahr. Damit setzt das Haus Maßstäbe im Erzgebirge. 223 Ausbildungsplätze waren vergangenes Ausbildungsjahr im Erzgebirge leer geblieben, besagt die aktuelle Statistik der Agentur für Arbeit Annaberg-Buchholz. Eine der Branchen, die davon besonders betroffen ist: die Gastronomie. Zum eigenen Geburtstag arbeiten? Oder am Wochenende? Zum Feiertag nicht die Füße hochlegen? „Die Arbeitszeiten sind das Hauptproblem in dieser Branche. Sie schrecken insbesondere viele Jugendliche ab“, umreißt Agenturchef Siegfried Bäumler seine Erfahrungen.

Diskussionen, die auch René Stolle, Claudia Escher und Daniel Voss zur Genüge kennen. Doch der Regionaldirektor, die Personalleiterin und der Ausbildungsleiter des Ahorn-Hotels Am Fichtelberg steuern mit einem ganz eigenen Rezept erfolgreich gegen diesen Trend: 48 junge Leute aus 13 Nationen lernen gegenwärtig in Sachsens größtem Hotel einen von sechs Ausbildungsberufen. Das sind laut René Stolle nicht nur so viele wie noch nie. Die Truppe ist auch so bunt wie noch nie. Die jungen Leute kommen unter anderem aus Italien und Syrien, aus Kirgisistan und Marokko. Und damit machen die Verantwortlichen gute Erfahrungen – auch bei den insgesamt 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Unser ausländisches Personal arbeitet sehr kundenorientiert, ist zuvorkommend und freundlich“, sagt René Stolle. Vorzüge, die auch die überwiegende Zahl der Gäste schätzten.

Ein Konzept zur Fachkräftegewinnung, das trotz guter Zahlen allerdings nicht überall auf ungeteilte Euphorie stößt. Steffen Böttcher als Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Erzgebirge beispielsweise sieht darin insbesondere für die kleinen Handwerksbetriebe durchaus auch Konfliktpotenzial. Zum einen sei die Integration in diesen Betrieben schwieriger, zum anderen sei auch nicht überall die nötige Akzeptanz für ausländische Lehrlinge da. Hinzu komme, dass vielfach immer noch die Bereitschaft in den Unternehmen zur Ausbildung fehle. Zwar seien im zu Ende gegangenen Ausbildungsjahr 466 Ausbildungsverhältnisse abgeschlossen worden und damit 8,5 Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr.

Da im Erzgebirge aber auch die höchste Handwerkerdichte herrsche, gehöre die Region beim Verhältnis zwischen Betrieben und Ausbildungsplätzen nach wie vor zu den Schlusslichtern in Sachsen. Das hat laut Steffen Böttcher zum einen strukturelle Ursachen, etwa sei fehlende Mobilität oft ein Problem. Zum anderen werde ein Studium ohne Studiengebühren vielfach einer Qualifikation im Handwerk vorgezogen – zum Beispiel einer Meisterausbildung, die selbst finanziert werden müsse. Deshalb fordert die Kreishandwerkerschaft eine Gleichstellung beider Ausbildungswege.

Eigeninitiative zur Fachkräftegewinnung – einschließlich Fachkräftebindung – wie in Oberwiesenthal zum Beispiel sieht aber Jana Dost von der Industrie- und Handelskammer als wichtig an. Als Geschäftsführerin der Regionalkammer Erzgebirge kann sie für das zu Ende gegangene Ausbildungsjahr innerhalb des Kammerbezirkes zwar auch ein Plus von 5,4 Prozent bei den eingetragenen Ausbildungsverhältnissen verzeichnen – für das Erzgebirge 765 Plätze. Denen stehen aber auch noch etwa 100 offene Stellen in 90 Berufen gegenüber.

Was insbesondere die Arbeit mit ausländischen Lehrlingen und auch Arbeitnehmern erschwere, sei die Bürokratie, darin sind sich alle Beteiligten einig. „Allein die Bearbeitungszeiten dauern viel zu lang“, sagt beispielsweise Claudia Escher und ergänzt: „Und nicht immer gibt es ein positives Ergebnis.“ Denn junge Asylbewerber genießen zwar während ihrer Ausbildungszeit Aufenthaltsschutz. Ob sie dann aber auch als Mitarbeiter im Unternehmen bleiben können, ist oft fraglich.

(Quelle: Freie Presse)