EU fördert Sachsen: Interaktive Ausstellung zum deutsch-tschechischen Leben zwischen 1918-1948 in Fleißen/Plená

Alte Textilfabrik soll Geschichte zeigen
Das Leben im deutsch-tschechischen Grenzgebiet zwischen 1918 und 1948 soll eine Ausstellung im Städtchen Fleißen/Plesná darstellen. Bis dahin ist aber noch viel zu tun.

FLEIẞEN/PLESNÁ - Eine Großbaustelle ist seit Monaten das Stadtzentrum von Fleißen/Plesná. Für die Erneuerung der historischen grenzüberschreitenden Verbindung nach Bad Brambach werden auf tschechischer Seite rund 900 Meter Straße inklusive einer Brücke über den Fleißen-Bach und eines Kreisverkehrs gebaut. Umgerechnet 2,8 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Der Bau der
knapp 1,2 Kilometer langen Trasse auf deutscher Seite kostet rund 3,7 Millionen Euro.

Gleich neben dem neuen Kreisverkehr stehen die Gebäude der früheren Tosta-Textilfabrik. In deren Räume soll eine interaktive Ausstellung einziehen, die Besucher über das Leben im tschechisch-deutschen Grenzgebiet in den Jahren 1918 bis 1948 informieren soll. Das Projekt wird im Auftrag der Stadt von tschechischen und deutschen Historikern vorbereitet. Grundlage soll das Schicksal
der deutschen Bewohner der Grenzstadt sein – wie das des heute 83-jährigen Alois Penzl, Nachkomme des letzten deutschen Bürgermeisters von Fleißen. Er musste gemeinsam mit seinen Eltern nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland gehen, seine Cousine hingegen blieb.

Die Stadt Fleißen/Plesná hat für das Projekt die vom Verfall bedrohte Fabrik im vergangenen Jahr für 4,5 Millionen Kronen (umgerechnet rund 173.000 Euro) gekauft. Ein Teil der Häuser soll abgerissen werden. Für 57 Millionen Kronen will man das Hauptgebäude sanieren und für die Ausstellungen umbauen. 75 Prozent der Kosten sollen über Fördermittel der Europäischen Union gedeckt werden, die übrigen 25 Prozent wollen sich der tschechische Staat, der Deutschtschechische Zukunftsfonds und die Stadt teilen.

„Anfang dieses Jahres gab es bereits Ausschreibungen für audiovisuelle Geräte, Filme und weitere Technik. Jetzt werden die Dokumentation für die Baugenehmigung und die Durchführung des Projekts erarbeitet. Diese sollen Ende November fertig sein. Den Baubeginn erwarten wir im Februar. Alles soll bis Ende 2020 fertig sein“, sagt Bürgermeister Petr Schaller.

Neben tschechischen und deutschen Historikern ist auch die Stadt Erbendorf ein Partner. Dort befand sich nach 1945 das Auffanglager für die Fleißener Einwohner. Die Ausstellungsfläche in der einstigen Fabrik soll etwa 2000 Quadratmeter betragen. Gezeigt werden sollen Fakten, so zum Zusammenleben von Tschechen und Deutschen, wie es vor dem Auftreten des Nationalismus funktionierte, sowie in der Zeit, als das sogenannte Sudetenland von der ČSR abgespalten war, dazu Informationen über die Kriegsjahre und die Abschiebungen der deutschen Einwohner. „Wir wollen nichts beurteilen oder bewerten. Die Meinung sollten sich die Besucher selbst bilden“, sagt Schaller.

So werden bereits Eisenbahnwaggons der gleichen Art gesucht wie jene, in denen die Aussiedlertransporte nach 1945 durchgeführt wurden. Nachgebildet werden soll im Fabrikgebäude eine Altbauwohnung mit allen möglichen Haushaltsgegenständen aus der Nachkriegszeit. Dort sollen Besucher der Ausstellung beispielsweise die Gelegenheit bekommen, zu versuchen, einen Koffer mit vorgeschriebenem Höchstgewicht zu packen und dann ihr Haus in kurzer Zeit zu verlassen.
„Sicher wird es in der Ausstellung auch zeitgenössische Sachen wie Volkstrachten und Fotografien geben. Aber es soll kein Museum im klassisches Sinne werden“, unterstreicht Bürgermeister Schaller.

(Auer Zeitung | 24. Oktober 2018); VLADISLAV PODRACKY