EU sieht keinen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs - Zulassung für das Herbizid um fünf Jahre verlängert

Nach dem monatelangen Krach um Glyphosat war der gestrige Akt eigentlich nur noch Routine: Da die Vertreter der Mitgliedsstaaten Ende November der weiteren Nutzung des Unkrautvernichters Glyphosat zugestimmt hatten, verlängerte die EU-Kommission die Zulassung für fünf Jahre – und sorgte gleich wieder für heftigen Streit. Denn am Kernsatz des Bescheids werden sich die Gegner stoßen: „Nach einer gründlichen wissenschaftlichen Bewertung aller verfügbaren Daten über Glyphosat mit dem Ergebnis, dass es keinen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebserkrankungen bei Menschen gibt, hat die Kommission heute einer Erneuerung der Genehmigung für fünf Jahre zugestimmt.“ Das wird für Ärger sorgen. Schließlich bestreitet nicht nur die Internationale Krebsforschungsagentur der Vereinten Nationen diese Darstellung. Dort hält man einen Zusammenhang zwischen dem Herbizid und Krebs zumindest für „wahrscheinlich“.

Tatsächlich sind die Fronten noch keineswegs besänftigt. Zum ersten Mal meldete sich gestern die EU-Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa) selbst zu Wort und warf den Kritikern vor, persönliche Überzeugungen über wissenschaftliche Gutachten zu stellen. Menschen, die Glyphosat ablehnten, befänden sich „in einem Konflikt zwischen Fakten und ihren eigenen Werten, aber anstatt ihre Werteinstellungen zu ändern, versuchen sie, die Fakten in Verruf zu bringen“, sagte Efsa-Direktor Bernard Url. Und weiter: „Bei allem, was wir heute wissen, ist Glyphosat wahrscheinlich nicht krebserregend.“

Die Brüsseler Kommission weiß aber auch, dass sie mit den Gegnern reden muss. Der Vizepräsident der Behörde, Frans Timmermans, begrüßte gestern sogar die Europäische Anti-Glyphosat-Bürgerinitiative, die von über einer Million EU-Wählern unterstützt wurde, und versprach mehr Transparenz, um zu zeigen, wie Entscheidungen in diesem Bereich eigentlich zustande kommen. Mehr noch: „Bereits jetzt arbeitet die EU daran, die Abhängigkeit von Pestiziden zu verringern und eine pestizidfreie Zukunft zu gestalten.“ Man werde im nächsten Jahr einen Vorschlag machen, um die in den einzelnen Mitgliedsstaaten festgelegten Indikatoren für Risiken durch den Glyphosat-Gebrauch europäisch zu harmonisieren, sodass diese dann überall gelten. Wie das allerdings nach dem monatelangen Stillstand zwischen den Ländern, der nur durch den koalitionspolitischen Ungehorsam des deutschen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) durchbrochen wurde, gehen soll, ist noch nicht absehbar. Allerdings kündigte Timmermans auch neue Regeln für die Arbeit der Efsa an. Denn die Glyphosat-Gegner hatten von Brüssel gefordert, für die wissenschaftliche Bewertung künftig nur noch veröffentlichte Studien zuzulassen, die von den zuständigen Behörden und nicht von der „Pestizidindustrie“ in Auftrag gegeben wurden. So weit wollte die EU-Behörde zwar nicht gehen, versprach jedoch, alle Erhebungen, die für eine Entscheidung relevant seien, offenzulegen.

EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis forderte die Mitgliedsstaaten dazu auf, sicherzustellen, den Pestizid-Einsatz im Rahmen zu halten. Diese Stoffe dürften „nur nachhaltig und entsprechend der Anweisungen auf dem Etikett verwendet werden.“ Der Appell hat einen Grund. Bei der Verwendung von Glyphosat im öffentlichen Raum (etwa Parks) ist es nach Angaben aus Brüssel immer wieder auch zu „nicht sachgerechtem Gebrauch“ gekommen.

Im Bundestag führte das Ja von Agrarminister Christian Schmidt (CSU) für eine weitere Zulassung von Glyphosat in der EU gestern zu einen heftigen Schlagabtausch über Konsequenzen. SPD, Grüne, Linke und AfD forderten einen Ausstieg aus der Anwendung des Unkrautgiftes in Deutschland. Die FDP mahnte eine verstärkte Forschung und mehr Transparenz bei Zulassungsverfahren an. Der Grünen-Experte Harald Ebner sagte: „Es braucht wirksame Beschränkungen, und zwar jetzt.“ Der CDU-Politiker Hermann Färber warnte vor Panik wegen möglicher Gesundheitsgefahren: „Glyphosat ist das am besten untersuchte Pflanzenschutzmittel weltweit.“ Wenn Bauern stattdessen Felder pflügen, sei der Eingriff in die Natur erheblich größer, hinzu kämen Belastungen durch Dieselabgase der Traktoren.

(Quelle: Freie Presse)