EU will effizientere Verteidigung

Es war viel von Afrika die Rede – an diesem Montagmorgen, als Europa sein nächstes großes Gemeinschaftsprojekt aus der Taufe hob: 23 Staaten gründeten eine „permanente strukturierte Zusammenarbeit“, nach der englischen Abkürzung Pesco genannt. Ein Verteidigungsbündnis, das man aber, wie es Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ausdrückte, „nicht nur militärisch verstehen darf“. Es gehe beispielsweise darum, den Afrikanern zu helfen, um in der Unruheregion Sahel für Stabilität zu sorgen und diese dann auch zu sichern – mit militärischen, aber auch rechtsstaatlichen, zivilen, humanitären und demokratischen Mitteln.

Doch das eigentliche Ziel ist zunächst ein europäisches Bündnis, von dem die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte: „Nur zusammen als Union können wir die Sicherheitsherausforderungen unserer Zeit bewältigen.“ „Wir rüsten nicht auf“, meinte Asselborn. Von einem „Meilenstein für die europäische Integration“ sprach Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). Seine Kollegin aus dem Verteidigungsressort, Ursula von der Leyen (CDU), bezeichnete die Zeremonie sogar als „großen Tag für Europa“. Nun werde das neue Sicherheitsbündnis konkret: eine gemeinsame Truppe, ein europäisches Sanitätskommando und eine schnellere Verfügbarkeit der Kampfverbände. Man habe gelernt aus den früheren Battle-Groups – kleinen Einheiten, die rasch verfügbar sein sollten, aber tatsächlich nie zum Einsatz kamen.

Bis 2020 soll nun zunächst ein Fonds mit 90 Millionen Euro für militärische Forschung eingerichtet werden – mit einer deutlichen Steigerung der Mittel auf eine halbe Milliarde Euro in der nächsten Finanzperiode der Union. Die 23 Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, Wehrtechnik stärker aufeinander abzustimmen und gemeinsam einzukaufen, um die Gelder effizienter einzusetzen. Dass in Europa 178 Waffensysteme im Einsatz sind, während die USA mit nur 30 auskommen, soll der Vergangenheit angehören. Von der Leyen: „Europa muss handlungsfähiger und effizienter werden.“ Zugleich wurde in Brüssel immer wieder betont, dass keine zweite Nato aufgebaut werde. „Die Allianz hat andere Aufgaben. Es gibt Einsatzbereiche, in denen nicht die Nato, sondern wir Europäer gefordert sind“, erklärte die Bundesverteidigungsministerin. Eine erste Liste mit über 40 Projekten, die die Länder zusammen anpacken wollen, steht bereits, muss jedoch noch von den Staats- und Regierungschefs gebilligt werden. Dann sollen die quälenden Truppensteller-Konferenzen zum Beispiel bei EU-Auslandseinsätzen vorbei sein. Kampftruppen wären flexibler und zügiger einsetzbar. Ein Vorhaben hatte die EU-Kommission bereits am Freitag vorgestellt: eine bessere Infrastruktur für die schnelle Verlegung von schwerem Gerät und Soldaten. Viele Straßen und Gleisverbindungen sind derzeit dafür nicht geeignet. Für von der Leyen sind das alles „Schritte auf dem Weg zur einer Armee Europas“.

Außer Großbritannien, das wegen des Brexits nicht mitmacht, und Dänemark, das sich einen Sonderweg in der Außen- und Sicherheitspolitik in den europäischen Verträgen ausbedungen hat, fehlen bisher nur die Unterschriften Maltas, Irlands und Portugals. Offiziell hieß es dazu gestern, die dortigen Regierungen hätten sich noch nicht entschieden. Sie könnten aber jederzeit dem neuen Bündnis beitreten.

(Quelle: Freie Presse)