Kohleabbau prägt Nordböhmen weiter

In der Industrieregion an der Grenze zu Sachsen hat man in den vergangenen Jahren in Umwelttechnik kräftig investiert. Doch Luft und Natur sind trotzdem stark belastet.
Im Böhmischen Becken ist die Luft nach wie vor deutlich schlechter als woanders. Die Region mit den Braunkohletagebauen und Kraftwerken zwischen Aussig/Ústí nad Labem und Kaden/Kadaò stößt viermal so viel Schwefeldioxid aus wie im tschechischen Durchschnitt. Das geht aus dem statistischen Jahrbuch 2016 für die Region Ústí hervor.

Bei Stickoxiden und Feinstaub ist nur der Ballungsraum Prag noch schlechter. Offenbar ziehen die Abgase auch nach Sachsen hinüber, Bewohner von Seiffen und Umgebung beschweren sich seit Jahren. Die gute Nachricht: Die Schwefeldioxid-Emissionen sind gesunken – von 10,78 Tonnen pro Quadratkilometer im Jahr 2010 auf nur noch 6,88 im Jahr 2014. Es wurden auch weniger Stickoxide, Feinstaub und Kohlenmonoxid ausgestoßen. Im gleichen Zeitraum haben sich die Investitionen in den Umweltschutz verdoppelt. Neue Filter und andere Umwelttechnik zeigen offenbar Wirkung. Sie sollen auch die Natur in den angrenzenden Schutzgebieten entlasten. Neben dem Nationalpark Böhmische Schweiz gehören zur Region das Lausitzer Bergland, das Erzgebirge, das Böhmische Mittelgebirge sowie die südöstlich des Böhmischen Mittelgebirges gelegene Daubaer Schweiz, ebenso mehrere kleine Schutzgebiete. Insgesamt stehen rund 150.000 Hektar Fläche in der Region Ústí unter Naturschutz. Der Konzern Čzech Coal, der den Tagebau Vršany südwestlich von Brüx/ Most betreibt, betont auf seiner Internetseite: „Heute ist das Erzgebirge neben dem Isergebirge das sauberste Gebirge der Tschechischen Republik.“ Das Unternehmen Severočeské doly (Nordböhmische Gruben), verantwortlich für den Tagebau bei Bilin/Bílina, gibt nach eigenen Angaben jedes Jahr nahezu 500 Millionen tschechische Kronen, also 18 Millionen Euro, für den Umweltschutz aus. Gegen den Feinstaub lasse man Schutzstreifen aus Bäumen anpflanzen und Schutzwände errichten. Die Renaturierung mit neu angelegten Seen schaffe Lebensraum für Wassertiere. Auf einigen wiederhergestellten Flächen bei Most wird sogar Wein angebaut.

Aber: Die Luftverschmutzung wird weitergehen. Erst im vergangenen Jahr hat die tschechische Regierung die Fördergrenzen für Braunkohle erhöht und damit dem Kohleabbau in Nord- und Westböhmen bis mindestens 2035 eine Perspektive gesichert.

(Quelle: Freie Presse)