Neues Image für das Erzgebirge

Das Erzgebirge will nicht mehr nur für Schwibbögen und Räuchermännchen stehen. In Berlin präsentiert sich die Region als innovativer Standort für Wirtschaft und Forschung.

VON ALESSANDRO PEDUTO

BERLIN - In der Werbesprache würde man es Image-Kampagne nennen. Die Region Erzgebirge ist derzeit in der Hauptstadt zu Gast, um sich außerhalb Sachsens einem großen Publikum vorzustellen. Gewiss, traditionelle Räuchermännchen und Schwibbögen gehören auch beim Auftritt in Berlin dazu. Immerhin ist es die handgefertigte Holzkunst, die in aller Welt bekannt ist. Doch diesmal soll es vor allem um die anderen Seiten des Erzgebirges gehen.

Sinn und Zweck der Präsentation in der sächsischen Landesvertretung gleich hinter dem Auswärtigen Amt ist es, das Augenmerk auf die große Branchenvielfalt und zahlreichen international tätigen Unternehmen der Region zu lenken, wie es der Landrat des Erzgebirgskreises, Frank Vogel (CDU) vor rund 150 Gästen beschreibt. Matthias Lißke, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH betont, es gehe darum, sich vom Klischee des Weihnachtslands zu lösen und sich stärker als Innovationsregion zu vermarkten. Vogel sagt, die Erzgebirger seien ruhig, besonnen, manchmal sogar verschlossen, aber immer findig. "Geht nicht, gibt's nicht. Das ist es, was uns ausmacht", erklärt er den Berliner Gästen. Zudem würden häufig weder die historischen noch die heutigen Leistungen der Region ausreichend gewürdigt. Beispielsweise habe Sachsen seinen einstigen fürstlichen Glanz dem Silberbergbau zu verdanken. "Ohne das Erzgebirge wäre Dresden nicht so schön", sagt Vogel stolz.

Heutzutage habe sich die Region im Fremdenverkehr kräftig entwickelt und sei als Ziel sowohl bei Wintersportlern als auch bei anderen Touristen beliebt. Drei Millionen Übernachtungen gebe es pro Jahr. Damit sei das Erzgebirge das zweitstärkste Reisegebiet im Freistaat und liege unter den zehn besten Destinationen deutschlandweit. Nun sollten wirtschaftlicher Gründergeist und Ideenreichtum des Erzgebirges stärker im Vordergrund stehen. Ein rund zehnminütiger Imagefilm, der am selben Abend in Berlin erstmals gezeigt wurde, wirbt künftig auf Messen für die Region. Der Film berichtet unter anderem von den 17.000 Industrieunternehmen und zehntausenden Handwerksfirmen im Erzgebirge. Viele davon seien Familienbetriebe und Kleinunternehmen, die sich auf Nischenprodukte spezialisiert und dort Weltmarktniveau erreicht haben. In der Landesvertretung sind einige der Firmen mit einem Stand präsent, um einen Überblick über die Vielfalt der Wirtschaftsregion Erzgebirge zu geben. Darunter befinden sich der Laufbekleidungshersteller Thoni Mara aus Thum, die Papier+Design GmbH tabletop aus Wolkenstein, das Schilderwerk Beutha, die Firma Wobek Oberflächenschutz aus Stollberg sowie der Sportgerätehersteller Langer aus Pfaffroda. Zudem informiert die Präsentation über den Stand der Bewerbung der Montanregion Erzgebirge für den UNESCO-Welterbetitel.

Daneben erinnern die Veranstalter in Berlin an Persönlichkeiten, Erfindungen und Erzeugnisse, die aus ihrer Heimat stammen und die unterstreichen, dass das Erzgebirge auch schon früher zu Unrecht nur als Weihnachtsland angesehen wurde. So stammte beispielsweise Anfang des 20. Jahrhunderts die erste serienmäßig gefertigte Metallkarosserie aus dem Erzgebirge, ebenso die Dampfmaschine, Geräte zur Herstellung von Konservendosen, das Kobaltblau oder später Dichtungen für das europäische Raumfahrtprogramm Ariane. Und natürlich bleibt im Zuge der Image-Werbung in Berlin nicht unerwähnt, dass Olympiasieger Claudia Nystad, Tatjana Hüfner, Jens Weißflog und Sylke Otto ihre sportliche Heimat im Erzgebirge haben. Dass Innovation im Erzgebirge aber auch einen Rückgriff auf die Bergbauvergangenheit bedeuten kann, zeigt die neuerliche Nutzung stillgelegter Gruben in Niederschlag. Nach Jahren wird dort wieder nach Flussspat gesucht.

Quelle: Freie Presse, Ausgabe Annaberger Zeitung, 01.07.2011