SERIE: INNOVATIONEN IM ERZGEBIRGE - Die Dosenkanonade mit Griffeffekt

Von den 73 Firmen, die sich um den 16. Sächsischen Innovationspreis bewerben, kommen neun aus dem Erzgebirge. "Freie Presse" stellt die Kandidaten vor. Heute: Gebrüder Leonhardt GmbH & Co. KG Blema Kircheis aus Aue.

VON FRANK HOMMEL

AUE - Dieses Unternehmen ist Aues Vorzeigemaschinenbauer. Eine seiner neuesten Entwicklungen: Ein Automat, der Schriftzüge und Logos beinahe so schnell auf Dosen prägt wie ein Maschinengewehr seine Patronen abfeuert. Mit dieser Embomax getauften Maschine bewirbt sich die Gebrüder Leonhardt GmbH & Co. KG Blema Kircheis um den Sächsischen Innovationspreis. Was einem in den Fluren des Bürotrakts aber zunächst begegnet, ist ein Blick in die Vergangenheit.

An den Wänden hängen Schwarz-Weiß-Fotos aus Gründerzeiten. Sie zeigen ehrfurchtsgebietend dreinschauende Firmenpatriarchen, ölverschmierte Männer bei harter Arbeit und ein ausuferndes Werksgelände am Ufer der Zwickauer Mulde. "Ich liebe diese Reise zurück in die Geschichte", sagt Geschäftsführer Uwe Leonhardt. "Gerade Amerikaner und Asiaten mögen das. Die Kunden sehen, dass wir geschaffene Werte schätzen."

Nicht von ungefähr ließen die Leonhardts, als sie das Unternehmen 1997 kauften, dessen Geschichte im Namen weiterleben. Auch wenn das zu einem langen Briefkopf führte. Blema hieß das Unternehmen zu DDR-Zeiten, Erdmann Kircheis war der Auer Industriepionier, der es 1861 gegründet hatte. Der eigene Familienname, sagt Leonhardt, "steht für die Zeit und die Zukunft in der sozialen Marktwirtschaft".

"Die Kunden sehen, dass wir geschaffene Werte schätzen."

Uwe Leonhardt Geschäftsführer

Noch immer nennen die Auer die hauptsächlich auf Verpackungsmittelmaschinen spezialisierte Firma meist schlicht die Blema. Leonhardt weiß, dass sich mit Tradition Eindruck schinden lässt. Und er weiß das zu nutzen, daraus macht er keinen Hehl. "Ich bin aber eher ein Typ, der nach vorn blickt." Anders würde sein Unternehmen heute kaum so dastehen. Mit Kunden auf der ganzen Welt verteilt. Die Wirtschaftskrise ohne Entlassungen gemeistert. Die Auftragsbücher wieder prall gefüllt. Und fast ein Drittel der gut 200 Mitarbeiter arbeitet im weitesten Sinn für Forschung und Entwicklung. Zum Beispiel Lutz Enderlein. Der Diplom-Ingenieur steht der Abteilung K I vor, die sich Embomax erdacht hat. An der Wand in seinem Büro hängen Konstruktionspläne. Auf einem Schrank stehen Dutzende Dosenhülsen. Auf einer ist eine feuerrote Peperoni-Schote samt Schriftzug eingeprägt: "Pure Chili".

"Wir haben etwa zweieinhalb Jahre an der Maschine getüftelt."

Lutz Enderlein Diplom-Ingenieur

Das ist der Prototyp. Die Idee dahinter: Spray-Dosen sollen den Kunden nicht nur übers Design ansprechen. Beim Angreifen soll die gefühlte Exklusivität und Modernität der Verpackung auf den Inhalt abstrahlen.

"Wir haben etwa zweieinhalb Jahre an der Maschine getüftelt", sagt Enderlein. Dass das nicht umsonst war, beweisen namhafte Kunden, die Leonhardts Verkäufer bereits für die Embomax-Maschine gewonnen haben. Wie den Kosmetik-Konzern Schwarzkopf & Henkel, der durch den Ardagh-Konzern mit der Maschine die Dosen einer Serie seines Haarsprays "3 Wetter Taft" veredeln lässt. Im Moment montieren die Arbeiter in der Werkhalle eine Maschine, die dann eine Reise nach Südostasien antreten wird.

400 Dosen pro Minute kann Embomax prägen, mit einem speziellen, individuell gefertigten Prägestempel. Leonhardt: "Das sieht einfach aus, ist im Umformprozess aber relativ kompliziert." Die Maschine besteche nicht nur durch ihre Geschwindigkeit, sondern auch durch ihre Präzision. Das lassen sich die Kunden etwas kosten. Leonhardt spricht von einer höheren sechsstelligen Summe. Er will kein Billiganbieter sein. Auch dieser Anspruch verbindet sein Unternehmen mit erzgebirgischer Tradition - und, sagt er, "mit Made in Germany". Quelle: Freie Presse, Ausgabe Schwarzenberger Zeitung, 20.05.2011