Tschechien probt die Grenzschließung

„Stop – Kontrola“ prangt das Verkehrsschild am ehemaligen Grenzübergang Petrovice/ Bahratal. Ein halbes Dutzend tschechische Polizisten hat sich aufgebaut und lässt die meist deutschen Autos in Richtung Tschechien das Tempo drosseln. Regelmäßig verlangen sie die Personaldokumente. Dann bildet sich schon mal eine längere Schlange von zehn, zwölf Autos. Und wer verdächtig ist, muss zur Seite fahren und wird einer längeren Kontrolle unterzogen. Nicht nur in Petrovice wurden deutsche Pendler in den vergangenen Tagen ausgebremst. Fast neun Jahre nach dem Beitritt Tschechiens zum Schengen-Raum führte Prag am Dienstag an 16 Grenzübergängen zu Deutschland wieder Kontrollen ein, darunter auch in Cinovec/Zinnwald, Hrensko/Schmilka sowie in den Zügen in Decin. „Die Kontrollen sind stichprobenartig, der Verkehr soll nicht beeinträchtigt werden“, hatte eine Polizeisprecherin nur wenige Stunden vor Beginn des Grenzregimes angekündigt. Denn es handelt sich nur um eine Übung. Aber die kam überraschend. „Wir wurden erst kurzfristig aus Prag informiert“, sagt Sarka Polackova, Sprecherin der Polizei im Bezirk Usti. 330 Beamte sind an diesen zwei Tagen im Einsatz, die meisten in Petrovice. Denn nur dort wurde auch ein sogenannter mobiler Hotspot eingerichtet. Hier werden Migranten, die ohne Aufenthaltserlaubnis aufgegriffen werden, in drei großen roten beheizten Zelten einer rund einstündigen Schnelluntersuchung unterzogen. In die Rolle der Migranten schlüpfen an diesem Tag 50 Studenten. „In Zelt eins erfolgt eine erste Klassifizierung“, erklärt Polackova. Die Polizisten dort tragen Mundschutz, wegen Ansteckungsgefahr, wie es heißt. Im zweiten Zelt erfolgt eine ärztliche Untersuchung. Im dritten Zelt kommt es zur Erfassung der Migranten. Am Ende dieser Prozedur wird auch entschieden, wie es für die Menschen weitergeht: „Entweder sie beantragen Asyl oder sie werden wieder abgeschoben“, sagt
ein Beamter. Der Zeitpunkt der Übung überrascht. Tschechien gilt derzeit nicht als das Land, das von Flüchtlingen überlaufen wird. Bis Ende Oktober registrierte das Innenministerium 1352 Asylanträge, von denen 430 positiv beschieden wurden. Noch mehr überrascht aber, dass sich die Polizei mit diesem Szenario auf einen Flüchtlingsstrom aus Deutschland einstellt. Weitere Nachfragen, ob dies einen realen Hintergrund darstelle, bleiben unbeantwortet. Das Szenario passt allerdings zur konsequenten Weigerung.

(Quelle: Freie Presse)