Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Aufnahme von Flüchtlingen stößt in Ungarn auf Ablehnung

Ungarn und die Slowakei sind mit ihrer Klage gegen die Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas gescheitert. Der EU-Beschluss von 2015 zur Verteilung von bis zu 120.000 Schutzsuchenden sei rechtens, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern. Ungarns Regierung reagierte empört und kündigte umgehend an, sich nicht an die Entscheidung halten zu wollen. Die EU-Kommission will im äußersten Fall Zwangsgelder einfordern. „Die Mitgliedsstaaten sind rechtlich und politisch, ja moralisch verpflichtet, ihren Anteil zu leisten“, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos.

Die EU-Innenminister hatten sich angesichts des großen Flüchtlingszustroms im Juni und September 2015 gegen den Widerstand Ungarns, der Slowakei sowie Rumäniens und Tschechiens darauf verständigt, bis zu 160.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf andere EU-Länder umzuverteilen. Betroffen sind davon Menschen, die gute Chancen auf Asyl hatten, etwa weil sie aus dem Bürgerkriegsland Syrien kamen. Die Entscheidung sorgte seitdem immer wieder für Zwist innerhalb der EU. Bislang wurden knapp 28.000 Menschen aus Griechenland und Italien in andere EU-Länder gebracht. Ungarn hat bisher niemanden aufgenommen, Polen ebenfalls nicht. Tschechien kam zuletzt auf 12 Menschen, die Slowakei auf 16. Deutschland nahm im Rahmen des Umverteilungsbeschlusses jüngst rund 8000 Flüchtlinge auf. Nach Ansicht der Richter ist der damals von den EU-Staaten mehrheitlich getroffene Beschluss einwandfrei. Die vorläufige und auf zwei Jahre begrenzte Umverteilung von Flüchtlingen habe weder einstimmig noch unter Einbeziehung der nationalen Parlamente beschlossen werden müssen. Sie sei außerdem ein geeignetes Mittel gewesen, um Griechenland und Italien zu entlasten, erklärten sie.

Ungarn wies den Richterspruch entschieden zurück. „Das Urteil ist eine politische Entscheidung. Die Politik hat das europäische Recht, die europäischen Werte vergewaltigt“, sagte Außenminister Peter Szijjarto. „Diese Entscheidung setzt die Europäische Kommission, setzt Brüsseler Behörden über die Nationen. Das ist inakzeptabel.“ Sein Land werde auch weiterhin keine Flüchtlinge aufnehmen. Auch die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo erklärte, das Urteil ändere nichts an der ablehnenden Haltung der polnischen Regierung zu der Umverteilung. Die Slowakei erklärte, das Urteil zähneknirschend zu akzeptieren. Ungarn müsste eigentlich 1294 Flüchtlinge aufnehmen, die Slowakei 902.

EU-Innenkommissar Avramopoulos drohte den widerspenstigen Ländern nun mit weiteren Konsequenzen. Sollten sie in den kommenden Wochen keine Flüchtlinge aufnehmen, erwäge die EU-Kommission, die letzte Stufe im sogenannten Vertragsverletzungsverfahren zu zünden. Gegen Ungarn, Polen und Tschechien hatte die Brüsseler Behörde bereits im Juni erste Schritte eingeleitet. Diese Verfahren können am Ende in hohe Geldstrafen münden, abschließend müsste darüber erneut der EuGH entscheiden. Derweil steigen die Flüchtlingszahlen in Griechenland und Spanien wieder an.

(Quelle: Freie Presse)