Was Europa für Schüler im Erzgebirge bedeutet

Sie kennen den Kalten Krieg und trennende Mauern nur aus Erzählungen. Reisefreiheit und gemeinsames Geld ist für sie selbstverständlich. Doch welchen Stellenwert hat das europäische Zusammenleben für die Jugend?

von Björn Josten (Freie Presse Stollberg)

STOLLBERG - Europa ist in aller Munde: Staatsverschuldung in Italien, der abgesagte Dieselgipfel, eine gemeinsame Migrationspolitik und nicht zuletzt der Brexit. Doch was denken eigentlich Schüler über Europa? Was ist der Generation wichtig, die maßgeblich darüber mitentscheiden wird, was aus dem größten Friedensprojekt der jüngeren Geschichte zukünftig werden wird? Das herauszufinden,

haben sich die Sächsische Staatskanzlei und die deutsche Vertretung der Europäischen Kommission auf die Fahnen geschrieben. Unter dem Titel „Meet & Greet Europe“ sind Schüler in Burkhardtsdorf, Thalheim, Stollberg und Zwönitz zum Dialog eingeladen worden. Am Montag gibt es im Stollberger Schlachthof zudem eine Abschlussveranstaltung. Dort sollen die Schüler ihre Ansichten präsentieren

und mit Oliver Schenk, dem Chef der Staatskanzlei in Dresden und sächsischer Europaminister, ins Gespräch kommen. Ortstermin Thalheim: Im Thalheimer Ratssaal stehen Stühle im Halbkreis. Auf eine Leinwand ist eine Europakarte und die Frage „Europa wohin?“ projiziert. Schüler des Sozialpsychologischen Instituts Thalheim und der Oberschule schlendern hinein und verteilen sich auf den Sitzgelegenheiten. Derweil plaudert der Europaabgeordnete Peter Jahr (CDU) über die Wandgemälde und die bunten Fenster des Ratssaales. Auf dem Programm steht Meinungsaustausch. Die zentrale Frage, die die Schüler beantworten sollen, lautet: „Was bedeutet Europa für Dich?“ Zunächst allerdings ist für die Schüler nicht viel Raum. Denn erst einmal redet Peter Jahr. In Hosenträgern und Hemdsärmeln gefällt er sich in der Rolle des Entertainers. Er plaudert über das babylonische Sprachgewirr in Brüssel und Straßburg. Natürlich findet er auch Worte über sich und seine Karriere.

Endlich gefragt, geben ihm die Schüler dankbare Stichworte. Was ihnen als erstes bei Europa

einfiele, will er wissen. Antwort: Frieden! „Finde ich gut, dass das als erstes kommt“, sagt Jahr und belegt den Eindruck der Schüler mit einer Grafik. „Man kann überall studieren“, ergänzt eine Schülerin. Peter Jahr führt zudem die gemeinsame Wirtschaftskraft an und wirbt für die EU: „All das ist genug Grund, für Europa zu kämpfen“, appelliert er an die Schüler. Die sehen sich ohnehin als Europäer wie eine von Bürgermeister Nico Dittmann initiierte Abstimmung über einen fiktiven Austritt Deutschlands aus der EU deutlich macht.

„Es sind auch ablehnende Meinungen gefragt.“

Ortstermin Zwönitz: In der Aula der Oberschule „Katharina Peters“ in Zwönitz geht es kommunikativer zu. Die Europa Union, eine Bürgerinitiative für Europa, hat vier Plakate mit jeweils einer Frage vorbereitet. Was macht mir Angst in Europa?

Worüber freue ich mich beim Thema Europa? Was wünsche ich mir von Europa? Was verstehe ich nicht an Europa? Die weißen Blätter gilt es mit Gedanken zu füllen. „Es sind auch ablehnende Meinungen gefragt“, ermuntert Jörg Stüwe von der Europa Union die Jugendlichen. Bei Europa gebe es kein falsch oder richtig, sondern nur unterschiedliche Meinungen. Abweichende Meinungen gibt es in der Schule genügend. Zum Beispiel beim Thema Migration. Dem einen ist es wichtig, die erzgebirgische Kultur zu erhalten und keine Moscheen zuzulassen, der anderen ist an einem kulturellen Austausch gelegen, wieder andere wollen gleich gar keine Ausländer dulden. Frieden, Euro und Meinungsfreiheit verbinden die Schüler mit Europa.

Es sind aber auch Themen, wie das Urheberrecht, das die Jugendlichen umtreibt und zwar, weil es Auswirkungen auf ihre eigene Mediennutzung hat – Stichwort Youtube. Dort sehen sie die Existenz vieler Youtuber gefährdet.

Gesprächsrunden haben auch mit Oberschülern in Burkhardtsdorf sowie mit Gymnasiasten und Altstadtschülern in Stollberg stattgefunden. Die Veranstalter wollten einen Leitspruch vermitteln: „Europa ist das, was ihr daraus macht.“

DER SCHÜLERDIALOG wird am Montag im Schlachthof in Stollberg mit Politikern und

Fachleuten aus Dresden öffentlich fortgesetzt. Los geht es um 17 Uhr (Einlass: 16.30 Uhr).