Wenn aus Konkurrenten Teamplayer werden: Unternehmer lernen gemeinsam, attraktiver zu werden.

Projekt CSRnetERZ blickt auf 10 Jahre Projektarbeit zurück. Tankgutscheine, flexible Arbeitszeitmodelle, die Massage am Arbeitsplatz, der Getränkespender in der Werkhalle oder der gesunde ökologische Fußabdruck des Produktes: die Wege von Unternehmen, um an Attraktivität zu gewinnen, sind vielfältig. Seit 10 Jahren gibt es das Projekt CSRnetERZ im Erzgebirge. CSR steht für Corporate Social Responsibility oder eben: Gesellschaftliche Verantwortung im Mittelstand. Es ist ein Projekt für kleine und mittelständische Unternehmen, um gemeinsam im Austausch und gegenseitigen Lernen attraktiver und wettbewerbsfähiger für die Zukunft zu sein. Über 150 Unternehmen der Region durchliefen unter Federführung der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH die bisher 13 Projektzyklen. Hinter der Firmenzahl stehen 18.500 Beschäftigte. Anlässlich des Jubiläums trafen sich heute Unternehmer, Projektpartner und Vertreter aus Politik und Gesellschaft im GDZ Annaberg, um Bilanz zu ziehen und von ihren Erfahrungen in der Praxis zu berichten.

Warum finden manche Firmen einfacher Mitarbeiter als andere und warum finden sich manche Mitarbeiter dem Unternehmen verbunden und andere nicht? Das ist eine Frage, mit der sich Unternehmer in der aktuellen prekären Fachkräftesituation konfrontiert sehen. Die Antwort liegt auf der Hand: Weil Unternehmen in ihrer Attraktivität und Wahrnehmung variieren und entsprechend mehr oder weniger potentielle Mitarbeiter anziehen. Und dabei spielt das Thema Einkommen zwar auch eine Rolle – aber um einem Unternehmen die Treue zu halten, sind für Mitarbeiter weitaus mehr Faktoren ausschlaggebend. Unternehmer brauchen Ideen und Konzepte, wie man Fachkräfte gewinnen und binden kann. Seit 10 Jahren bietet das Projekt CSRnetERZ im Erzgebirge dafür Unterstützung an und leistet auch Hilfe zur Selbsthilfe. Im Dreiklang aus Rückblick, Einblick und Ausblick wurden bei der heutigen Veranstaltung „Mitarbeiter halten - Mitarbeiter ans Unternehmen binden. Aber wie?“ bisherige Erfolgsgeschichten näher beleuchtet und gleichzeitig der Blick in die Zukunft gerichtet.

Freiwillig in Ganzheitlichkeit investieren

Der Begriff „Corporate Social Responsibility“, kurz “CSR”, besagt, dass Firmen freiwillig gesellschaftliche Verantwortung übernehmen – über rechtliche Pflichten hinaus. „Es geht darum, mehr als in „das Selbstverständliche“ zu investieren - in motivierte Mitarbeiter, in eine intakte Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Interessengruppen“, so Matthias Lißke, Geschäftsführer der WFE GmbH. Die teilnehmenden Firmen kommen aus Industrie, Handwerk und dem Dienstleistungsbereich und durchliefen in der bisherigen Projektzeit Seminare und Coachings. Gegenseitige Betriebsbesichtigungen führten vor Augen, welche Wirkung ein positives Image auf die bessere Nutzung der Potentiale der bestehenden und die Gewinnung von neuen Mitarbeitern sowie auf anspruchsvolle Kunden hat. Das Erfolgsrezept: Die Unternehmer entwickeln im Team Ideen – ohne sich als Konkurrenten zu sehen, sondern um gemeinsam zu profitieren.

Weites Anwendungsfeld von CSR für mehr Attraktivität
Die Förderung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gesundheitsmaßnahmen, nachhaltiges Denken und Handeln– das Feld, in dem man gesellschaftliche Verantwortung übernehmen kann, ist weit. Mit jedem einzelnen Fakt erhöht sich die Attraktivität des Unternehmens und demzufolge die Leistungsbereitschaft und Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber. Das weiß auch Heiko Schneider, Key-Note-Speaker für die heutige Veranstaltung. Er ist Unternehmer, zählt zu den besten Friseuren Deutschlands und berät Handwerks- und Industrieunternehmen, weil er weiß, wovon er spricht „Kümmern Sie sich so um Ihre Mitarbeiter, wie Sie sich um Ihre Kunden kümmern“, so seine Prämisse. Denn die motivierte Arbeit des Teams sei Garant für den Erfolg des Unternehmens. „Damit der Satz nicht zur Phrase verkommt, gilt es, Mitarbeiter als Mitdenker in das Unternehmen zu integrieren. Das erfordert ein Umdenken auf allen Ebenen“, ermutigt Schneider.

Blick in die Zukunft

Die Veranstaltung machte deutlich: Unternehmer quer durch alle Branchen im Erzgebirge übernehmen inzwischen weit über die Mindestvorschriften hinaus Verantwortung für ihre Mitarbeiter, die unternehmerische Zukunft und vor allem für die Gesellschaft. In Workshops zu den Themenkomplexen Arbeitsplatz, Gemeinwesen, Umwelt und Markt traten sie in einen aktiven Erfahrungsaustausch. Darüber hinaus beleuchtete eine rege Podiumsdiskussion Erfahrungsberichte einzelner Unternehmer. „Sie alle zeigen, wie wichtig die Impulse aus dem Projekt heraus für Unternehmer und somit für den Wirtschaftsstandort Erzgebirge sind. Deshalb wird CSRnetERZ im Erzgebirge auch in Zukunft die Türen zum Austausch öffnen“, blickt Matthias Lißke in die Zukunft.

Das sagen Unternehmer über ihr Engagement:

Tabea Schäfer | Geschäftsführerin Bahner und Schäfer GmbH, Oelsnitz/Erzgeb.

Leben ist mehr als arbeiten und Geld verdienen. Als praktizierende Christin ist es mir wichtig, gemäß dem Vers aus der Bibel "Gutes tun und mit anderen zu teilen, daran hat Gott Freude[Hebr.13.16], mich bewusst für mein Umfeld einzusetzen und dabei auch die Umwelt nicht zu vergessen. Deshalb unterstützen wir soziale Projekte, wie den christlichen Kindergarten Saatkorn in Hohndorf und die Evangelische Oberschule in Gersdorf. Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen bedeutet in guten wie in schwierigen Zeiten Wege zu finden, als Unternehmen die Mitarbeiter individuell zu unterstützen. Nachhaltigkeit bedeutet aber auch das eigene Familienunternehmen "nachhaltig" weiterzugeben und das Thema Nachfolge frühzeitig anzugehen. In diesem Prozess hat uns das CSRnetERZ-Projekt sehr geholfen unsere Unternehmenssituation in Frage zu stellen und den Nachfolgeprozess in die vierte Generation zu starten.“

Marlen Liedig | Personalreferentin Wendt und Kühn KG, Grünhainichen:

Ein Schwerpunkt von CSR, in dem wir Verantwortung für unsere Mitarbeiter übernehmen, betrifft das betriebliche Gesundheitsmanagement. Schon immer werden unsere Figuren und Spieldosen in der Manufaktur in Handarbeit gefertigt, komplettiert und verpackt. Das beansprucht neben der Konzentration auch den Körper. Deshalb hat beispielsweise unsere Packerei eine Aktivpause eingeführt und macht gemeinsam Sport. Durch die Bewegungen des Muskel- und Skelettapparates wird das körperliche Wohlbefinden gesteigert und zudem das Wir-Gefühl gestärkt. Wir bieten beispielsweise auch Massagen, Wasser und Kaffee kostenfrei an und im Winter frischgepressten Orangensaft zur Stärkung des Immunsystems.

„Katja Hillenbrand | Vorstandsvorsitzende Micas AG, Oelsnitz/Erzgeb.

CSR ist für uns längst Standard geworden und prägt den operativen Ablauf im Unternehmen mit. Das Projekt hat uns geholfen die Dinge zu reflektieren, die wir bereits tun und zudem noch ergänzen können. Seit Jahren gibt es bei uns den Betriebskindergarten, da sind wir auch Vorbild für andere geworden. Im Gegenzug haben wir Ideen gehört, die wir nun aktiv im Unternehmen umsetzen. Nachhaltigkeitskonzepte sind jeden Tag unser Thema – nicht nur mit Blick auf den Rahmen, der jeden einzelnen Mitarbeiter betrifft. Auch der Fußabdruck jedes einzelnen Produktes muss passen. Das reicht von der Hygiene bis hin zum sogenannten Green Design.“

Björn Buchold, Geschäftsführer WPA GmbH, Annaberg-Buchholz

Unser Wohnpark in Frohnau ist viel mehr als ein Park, sondern ein Park der Generationen. Über viele Jahre ist hier ein Kleinod entstanden mit Spielplatz, Tiergehege und gemütlichen Plätzen zum Verweilen. So ziehen wir die Pflegekunden und Mieter aber auch Familien und Gäste aus der Umgebung an. In erster Linie wollten wir ein Angebot für die Bewohner schaffen, aber zugleich sind wir natürlich auch attraktiver für die Mitarbeiter geworden. CSR ist inzwischen Teil unserer Managementstrategie, wir wollen nachhaltig agieren und für die Gesellschaft etwas tun.

Andreas Müller, Geschäftsführer Mühle Rasurkultur, Stützengrün

Es ist uns ein persönliches Anliegen, als Unternehmer und Menschen nachhaltig zu leben und sich bietende Potentiale zu nutzen. So liefert unsere PV-Anlage Strom für Produktion und Mobilität. Für die Mitarbeiter gibt es einen Getränkebrunnen und eigene Flaschen, um Müll zu vermeiden. Bei unseren Produkt- und Umverpackungen wurden Kunststoffe konsequent eliminiert. Darüber hinaus fertigen wir langlebige und zunehmend recyclingfähige Produkte, die CO2-neutral an unsere Kunden versendet werden. All das zahlt auf unsere Marke Mühle ein, die für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung steht aber auch darauf, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, um neue Mitarbeiter zu gewinnen.